Interview: Viktor Röthlin  | 
    
Copyright, Text, Fotos: Herbert Steffny
Viktor
Röthlin
- Vorbereitung auf Tokio und Olympia 
(26.2.2008 - gleichzeitig für
Laufmagazin
Spiridon Heft
3/2008)
Interview mit Viktor Röthlin
![]() Nach seinem Sieg in Tokio hat Viktor Röthlin gut lachen und ist ein heißer Medaillen Kandidat für die Olympischen Spiele in Peking. (Foto, Copyright: Herbert Steffny) 
 
 
 
 
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        Victorious
        Viktor! Nach dem Sieg beim Tokio Marathon in der
        Rekordzeit von 2:07:23 Stunden hat die Schweiz
        einen neuen Superstar! Im letzten Jahr wurde er bei der
        Schweizer Wahl zum Sportler des Jahres zwar nur Zweiter,
        aber hinter keinem Geringeren als dem gerade zum vierten
        Mal in Serie zum Weltsportler des Jahres gekürten
        Tennis-Ass Roger Federer. Der viertschnellste
        nichtafrikanische Marathonläufer des Jahres 2007 Viktor
        Röthlin sucht den Vergleich mit den Besten. Er
        ist mit 33 Jahren im besten Marathonalter. Der Schweizer
        hatte sich mit dem Tokio Marathon im Februar im Lande
        seines Schuhsponsors bewusst einen frühen Saisontermin
        ausgesucht, denn Hauptziel für die Saison 2008 bleibt
        natürlich der Start über die 42,195 Kilometer lange
        Strecke bei den Olympischen Spielen in Peking am
        24.8.2008, für die er schon vor seinem sensationellen
        Sieg qualifiziert war. In Japan sei er seit seinem
        dritten Platz 2007 bei der Weltmeisterschaft in Osaka ein
        "heißer Kandidat" und daher auch sofort
        eingeladen worden. Röthlin hatte im Finale der WM noch
        die drei Japaner Tsuyoshi Ogata, Satoshi Osaki und
        Toshinari Suwa hinter sich gelassen, die
        die Plätze fünf bis sieben belegten. Man hoffte in
        Tokio vielleicht auf eine Revanche, die aber nicht
        gelang. Jetzt klingelt die Kasse Er ginge nach Tokio, "um 100-prozentig zu laufen. Wenn ich bestimmte Zeiten erfülle (unter 2:12) und gut laufe dann klingelt auch die Kasse!" so der aus dem Kanton Obwalden kommende Athlet auf Anfrage über sein von Marathon Manager Frederico Rosa ausgehandeltes individuelles Startgeld und Bonussystem, was ihm zusammen mit dem Preisgeld abzüglich 15 Prozent für den Manager ein sechsstelliges Sümmchen einbrachte. Warum auch nicht? Röthlin ist gelernter Physiotherapeut, aber schon lange Vollzeitprofi und die Früchte langer Arbeit beginnen sich auszuzahlen. Die Sponsoren Raiffeisen, Asics, Post und Helsana haben teilweise ihre Verträge aufgestockt und seit 2007 wird Röthlin vom Management des Leichathletik Sportfests "Weltklasse Zürich" vermarktet. Beste Voraussetzungen sich nur noch auf den ganz großen Sport zu konzentrieren, statt kleine Cityläufe wegen des täglichen Lebensunterhalts abklappern zu müssen. An vier Läufen des Postcups 2008 (Bern, Basel, Bulle und Zürich) wird Röthlin aber dennoch vor heimischem Publikum starten. Der Schweizer wollte nach seinen Worten "in Tokio wissen, was passiert, wenn er hinten raus gefordert wird". Sein Ziel war eine Top-Drei-Platzierung, nach seinen Worten eine Probe für Peking. "Rund zwanzig Aspiranten kämen für den Olympiasieg in Frage", so der für den STV Alpnach startenden Röthlin. Nun haben auch die anderen ihn auf der Favoritenliste. Sieg und Rekord mit Plan F und ohne Höhentraining Die letzte Trainingsphase
        war für den Schweizer alles andere als einfach. Normalerweise lief die Marathonvorbereitung
        für Röthlin über Höhentrainingslager in Kenia und St.
        Moritz. Im Winter vor der WM 2007 lief er im Hochland von
        Kenia Trainingswochen mit bis zu 13 Einheiten und 230
        Kilometern in der Trainingsgruppe um den New York und
        zweifachen London Marathon Sieger Martin Lel.
        Im Sommer trainierte der Schweizer zuhause in St. Moritz
        im Oberengadin. Doch in diesem Winter fiel das
        Trainingscamp in Kenia durch die politischen Unruhen nach
        der Präsidentschaftswahl schon nach einer Woche aus. Der
        damit verbundene Reisestress und die Klimazonenwechsel
        verunsicherten den Marathonmann weiter. "Nach Plan A
        kam Plan B und nun bin ich schon längst bei Plan
        F angelangt, der verrücktesten Vorbereitung
        auf einen Marathon, die ich bisher gehabt hatte." Aber er
        habe "die notwendige Stabilität und die Balance
        zwischen Umfang und Intensität gefunden", so
        Röthlin zuversichtlich bei der Pressekonferenz 10 Tage
        vor Tokio beim Sponsor Helsana Krankenversicherung in
        Stettbach bei Zürich, für die er als
        "Bewegungsbotschafter" unterwegs ist. Der
        Konzern macht sonst einen weiten Bogen um den
        Spitzensport. Röthlin
        entschloss sich nach der Rückkehr aus Kenia notgedrungen
        im Januar auf Höhentraining zu verzichten und sich
        zuhause in der Schweiz und in Andalusien vorzubereiten. Einen Abschlusstest beendete er bei
        einem Halbmarathon im spanischen Almeria in 63:33 Minuten
        als zufriedener Dritter. Der 1.70 Meter große und 60
        Kilogramm wiegende Röthlin wirkte entschlossen und
        austrainiert: einen Körperfettwert von unter
        fünf Prozent bestätigte die Caliperzange. Das ungewohnte Abenteuer "Plan F"
        endete für den eher als akribischen Tüftler bekannten
        Röthlin mit Hausrekord und Sieg in Tokio. Dass es ohne
        Höhentraining sogar noch besser laufen kann, haben vor
        Röthlin auch schon andere bewiesen, so z.B. die Tegla
        Loroupe, die sich in Detmold statt zuhause in
        Kenia auf ihre Marathon Weltrekorde vorbereitete. Interview zur Vorbereitung auf Tokio und Peking Herbert Steffny sprach vor dem Tokio Marathon mit dem sympathischen Schweizer Ausnahmeläufer über seine Vorbereitung: Du legst viel Wert auf akribische Planung. Dieses Mal mußtest Du Dich ohne den sonst für Dich üblichen Keniaaufenthalt auf Marathon vorbereiten. Glaubst Du wirklich an das Höhentraining oder ist das nicht auch eine Art "mentales Doping"? 
 Ist es nicht sogar ein Vorteil im sauerstoffreicheren Tiefland etwas intensiver trainiert zu haben? 
 Wie gestaltest Du die letzte Phase vor dem Marathon? Machst Du eine besondere Diät? 
 Bereitest Du Dich auch mental z.B. durch schwierige Aufgaben auf den Marathon vor? 
 Wie sieht Deine Planung im Hinblick auf den Olympischen Marathon am 24. August aus? 
 Wer sind für Dich die Favoriten in Peking? 
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